Kurzchronik
des
Musikvereins "Heimatklänge" Giesel e. V.
gegr. 1925

Die Wiege des Musikvereins "Heimatklänge" Giesel e. V. stand in Oer-Erkenschwick bei Recklinghausen in Westfalen, wo im Jahre 1925 auf einer Großbaustelle 22 Gieseler Bauarbeiter unseren Musikverein "Heimatklänge" Giesel gegründet haben. Dabei spielte das Ausflugslokal "Mutter Wehner" im Erholungsgebiet "Die Hard", ein Waldgebiet ca. 2 km von der Baustelle entfernt, ein große Rolle. in diesem Lokal wurde an einem Sonntagnachmittag, beim Aufspielen einer Musikkapelle, der Gedanke geboren auch eine Musikkapelle zu gründen. Dies geschah noch im Laufe des Sommers und abends und sonntags wurde immer fleißig geübt und geprobt. Da man nur an Weihnachten nach Hause fuhr, wurde der Musikverein "Heimatklänge" Giesel am 06. Dezember 1925 beim damaligen Bürgermeister Johann Schnell angemeldet. Die Anmeldung wurde schriftlich unter der Gründungssatzung eingetragen.

 

 

Chronik
des
Musikvereins "Heimatklänge" Giesel e. V.
gegr. 1925

Schon vor der Gründung des Musikvereins "Heimatklänge" Giesel gab es in unserem Dorf musikalische Aktivitäten. In Kippels Gastwirtschaft (altes Wohnhaus von Werner Block in der Schloßstraße) hat man um das Jahr 1910 musiziert und Auftritte von kleinen Kapellen erlebt. Man muss noch hinzu sagen, dass dieses Gasthaus früher der eigentliche Mittelpunkt unseres Dorfes Giesel war. Standen doch dort auch die Kirche, das Pfarrhaus und die Schule.
Als viele Gieseler Einwohner gezwungen waren, nach Westfalen zu gehen, um dort das Brot für ihre Familien zu erwerben, wurde auch das musikalische Wissen mit in die Ferne genommen. Wenn auch die Arbeitstage noch gut und gern 10 - 12 Stunden hatten und die Arbeitswoche von Montag bis einschließlich Samstag ging, sehnte man sich sonntags doch nach einem Ausgleich. Dabei kam man auf das Spielen von Blasinstrumenten und so ganz natürlich zur Gründung einer Kapelle.

Dazu dürfen wir unser Gründungsmitglied Karl Kreuzer zitieren:
"Im Frühjahr 1925 wurde in der Nähe von Recklinghausen in Westfalen, in dem kleinen Ort Erkenschwick, eine große Baustelle begonnen, die zur Errichtung von Gas- und Koksöfen zur Veredlung von Brennstoffen aller Art bestimmt waren. Von unserem Ort Giesel waren ca. 60 - 70 Mann beschäftigt, meistens als Maurer und Hilfsarbeiter.
Ein sonntäglicher Ausflug zur Haard, einem ca. 2 km von unserer Baustelle entfernten Waldgebiet, unser Ausflugsziel war "Mutti Wehners" Gasthof mit gutem Bier, Wein, gutem Mittagstisch und 1a hessischer Wurst, denn die gesamte Sippe war aus Hosenfeld, Kreis Fulda. Wir wurden angenehm überrascht, als wir im Gasthaus ankamen, denn da spielte eine komplette Kapelle Blechmusikanten zur Unterhaltung auf. Unserem guten Freund Anton Gundelach blieb fast der Atem stehen. Als die ersten Klänge vorbei waren, hörte man nur noch die Worte: Mann, eine Blaskapelle müssten wir gründen. Dieser Satz wurde zwei- bis dreimal wiederholt. Dann wurde die Frage gestellt, wer mitmacht. Alle waren dabei - die Idee war geboren. Es wurden auf dem schnellsten Wege Hörner besorgt, alte, neue, geliehene usw. Abends wurde in Antons Quartier geprobt und schon nach ca. 4 Wochen wurden die Instrumente zu einem Ausflug mit genommen und die ersten Tanzstücke gespielt. Unser Freund, Kapellmeister Anton, war überglücklich, Finanziell wurden wir mit unserer Kapelle von unserem Baustellenleiter Johann Kreuzer, der ja auch ein Gieseler war, ganz gut unterstützt. Im Herbst spielte unsere Kapelle, die schon auf den Namen "Heimatklänge" getauft war, zum ersten Mal bei einer kleinen Veranstaltung auf. Es wurde ein Reingewinn von 25 RM erzielt. Der Name "Heimatklänge" wurde deshalb gewählt, um eine Verbundenheit mit der weit entfernten Heimat herzustellen, aus den Klängen der Hörner die Glocken der Heimat zu hören - in der Gemeinschaft von Gieseler Freunden, Musikanten und Gönnern. Es ist schon immer so gewesen, dass man in der Fremde zur Gemeinschaft und Freundschaft zusammen findet und daraus wurde die Idee eine Kapelle zu gründen geboren.
Gegen Ende des Jahres 1925, kurz vor Weihnachten, fuhren unsere Musikfreunde zu ihren Familien in ihre Heimat, nach Giesel, zurück und meldeten am 6. Dezember unseren Musikverein "Heimatklänge" Giesel beim Bürgermeisteramt an."

Karl Kreuzer

 

So wie es unser Gründungsmitglied Karl Kreuzer in seiner Chronik als letzten Satz niederschrieb, so geschah es. Am 6. Dezember 1925 wurde unser Musikverein mit dem Namen "Heimatklänge" bei dem damaligen Bürgermeister Johann Schnell angemeldet und mit Unterschrift und Stempel aktenkundig gemacht.
Als Gründungstag wurde der 1. November angenommen und auch die Statuten traten an diesem Tage in Kraft. Die Gründungsmitglieder setzten sich aus aktiven und aus passiven Mitgliedern zusammen. Diese Musikfreunde haben dann auch am 6.12.1925 nach den Statuten sich einen Vorstand gewählt und somit den Verein mit Leben erfüllt.
1. Vorsitzender wurde Anton Gundelach, 2. Vorsitzender wurde Alois Block I, 1. Schriftführer Karl Kreuzer, 2. Schriftführer Karl Balzer, 1. Kassierer Karl Schlitzer, Notenwart Alois Gundelach, Kassenrevisoren Martin Hasenauer und Alois Block II.
Unter der Leitung dieser Vorstandsmitglieder begann der Musikverein "Heimatklänge" Giesel zu wachsen und zu gedeihen.
Nur langsam und mühsam ging es mit unserem Verein weiter. Von einem Aufblühen in der damaligen Zeit konnte keine Rede sein. Die Mitgliederzahl nahm zu und man legte in der Generalversammlung vom 12.7.1930 einen monatlichen Beitrag von 10 Pf. fest. Auch über ein 5-jähriges Stiftungsfest wurde beraten und es wurde beschlossen, ein Podium billig zu beschaffen, um das Fest im Freien feiern zu können. Weiterhin sollte ein Festzug mit auswärtigen Kapellen, die noch einzuladen waren, sowie ein kleines Konzert durchgeführt werden. Anton Gundelach und Richard Schnell waren für diese Dinge sowie für die Kinderbelustigung an diesem Tage verantwortlich.
Bei der Generalversammlung am 13. Januar 1931 konnte man den Mitgliederzuwachs durch weitere neue Namen feststellen. Karl Becker kam als Kassierer in den Vorstand, sowie Josef Helmer als Schriftführer. Ferdinand Ruppel wurde Vereinsdiener. wegen der guten Geschäfte zu Fasching  genehmigte der Vorstand aus der Vereinskasse 5 Mark, das brachte für jedes Mitglied 2 Glas Bier. Die Einnahmen zu Fasching waren 163,40 Mark, Ausgaben 126,40 Mark, da blieb ein Überschuss von 37 Mark.
Vom Kapellmeister Karl Schlitzer wurde mit Genehmigung der Versammlung festgelegt, dass ein Musiker, der unentschuldigt der Probe fernblieb, 30 Pf. zu bezahlen hatte.
In der Generalversammlung vom 30. Juli 1932 wurde Albert Nüchter zum 1. Vorsitzenden gewählt. Karl Schmidt hat im Jahre 1932 den Posten als 1. Schriftführer übernommen.
In der Generalversammlung vom 14. Januar 1934 gab es eine Wende in der Vereinsführung durch die Auflagen der Partei NSDAP, die damals auch alle Vereinsarbeiten in ihren Dienst stellte und somit bei allen Vereinen sich ein Mitspracherecht beschaffte. Alles wurde in den Dienst für Führer, Volk und Vaterland gestellt. Es gab ab dieser Generalversammlung keinen gewählten 1. Vorsitzenden mehr, sonder einen Vereinsführer. Dieser Vereinsführer wurde von der Versammlung vorgeschlagen, dabei konnten zwei Vorschläge eingebracht werden. Der Vorgeschlagene, der die meisten Mitglieder auf sich vereinigen konnte, übernahm als Vereinsführer die Führung des Vereins. Dieser Vereinsführer wurde dann den zuständigen Behörden gemeldet und wenn diese Behörden keine Einwände hatten, war der Vereinsführer erst in seinem Amt bestätigt. Die weiteren Mitarbeiter konnte sich der Vereinsführer selbst bestellen. unsere Musiker waren sich damals einig und man bestellte unseren damaligen Kapellmeister Karl Schlitzer als Vereinsführer. Ansonsten änderte sich im neuen Vorstand nichts, d. h. alle Mitglieder des alten Vorstandes wurden vom Vereinsführer und Kapellmeister Karl Schlitzer als seine Mitarbeiter zur Durchführung der Vereinsgeschäfte berufen.
So gingen die Jahre dahin und am 24. November 1937 wurde das letzte Protokoll ins Protokollbuch eingetragen. Es schloss mit einem Kassenbestand von 79,93 RM ab.
Viele Gieseler Bürger mussten in den Krieg ziehen, viele von ihnen sind nicht mehr in die Heimat zurückgekehrt.
Der letzte Vorstand vor Ende des Krieges setzte sich wie folgt zusammen:
Vereinsführer Karl Schlitzer, Stellvertreter Anton Gundelach, Schriftführer Karl Schmidt, Stellvertreter Franz Dehler, Kassierer Karl Becker, Stellvertreter Alois Gundelach, Kassenrevisoren Richard Schnell und Willi Schnell, Notenwart Karl Becker, Vereinsdiener Ferdinand Ruppel.
Am 10. Dezember fand in der Gastwirtschaft Josef Schnell die erste Generalversammlung nach dem Kriege statt. Fast alle Männer, die schon vor dem Krieg dabei waren, waren auch jetzt wieder die Männer der ersten Stunde. Man war sich auch bald einig, dass es mit dem Musikverein wieder weitergehen musste. Es wurde ein neuer Vorstand gewählt und gleichzeitig wurden auch die Monatsbeiträge festgelegt: Monatsbeitrag 20 Pf. und eine einmalige Aufnahmegebühr von 1 Mark wurden laut Protokoll beschlossen.
Der neue Vorstand hatte folgende Besetzung:
1. Vorsitzender Ferdinand Ruppel, 2. Vorsitzender Alois Block, Schriftführer Karl Schmidt, 1. Kassierer Willi Merz, 2. Kassierer Alois Gundelach, Kapellmeister Josef Helmer.
In der Generalversammlung vom 12. Januar 1947 wurden Franz Wolf und Willi Block in den Musikverein aufgenommen. es wurde auch beschlossen, die Statuten zu ändern, da diese in der heutigen demokratischen Zeit keine Gültigkeit mehr hätten. Diese neue Satzung wurde erarbeitet, musste dann noch von der amerikanischen Militärbehörde genehmigt werden und konnte am 7. Januar 1949 in einer Generalversammlung den Mitgliedern bekannt gemacht werden. Der wichtigste Paragraph war §3, wo es in einem Anhang hieß, Naziaktivisten und Militaristen finden im Musikverein kein Aufnahme. Bei der Aufnahme von Mitgliedern wird kein Unterschied auf Religion, Rasse, bei nicht konfessionellen Verbindungen gemacht. Die neue Satzung wurde angenommen.
Bei der Generalversammlung am 7. Januar 1949 hatte man einen Kassenstand von 44,45 DM aufzuweisen. Der Vorstand blieb außer dem Schriftführer der gleiche. Dem alten Schriftführer Karl Schmidt, der dieses Amt von 1932 bis 1948, also 16 Jahre, innehatte, sei hiermit Dank und Anerkennung gesagt. Die gesamten Protokolle aus dieser Zeit sind exakt und aufschlussreich geführt worden und für die Vereinsgeschichte von großer Bedeutung. Als neuer Schriftführer übernahm Fritz Wolf diese Aufgabe. Auch neue Mitglieder kamen hinzu, nämlich Amand Leinweber, Johann Seng und Josef Bartoschewitz werden in den Verein aufgenommen.
1949 wurde das erste Beerfest nach der Währungsreform abgehalten.
Die Generalversammlung vom 24. Januar 1950 stand ganz im Zeichen des 25-jährigen Vereinsjubiläums. Was die Finanzen anging, so war es damit schlecht bestellt. Man hatte wohl im Jahre 1948 Einnahmen von 1630,89 DM, aber auch einen Ausgabenberg von 1559,50 DM gegenüber, so dass nur ein Kassenbestand von 71,39 DM vorhanden war. Trotz allem wurde beschlossen das Jubiläumsfest im Freien mit einem 120 qm großen Tanzpodium und mit einem 30 m langen Bierzelt am Wirt´s Räse zu veranstalten. Es wurde das Festprogramm aufgestellt, die Musikvereine Großenlüder, Bimbach, Neuhof, Harmerz, Mittelrode und Hosenfeld wurden eingeladen. Das 25jährige Jubiläumsfest wurde dann am 12. Juni 1950 durchgeführt. Alle geladenen Musikvereine, außer Hosenfeld waren zu uns nach Giesel gekommen. Das Wetter an diesem Tag war trübe und was man befürchtete, trat kurz vor Ende des Festzuges ein. Ein wolkenbruchartiger Regen ging über Giesel nieder und alle versuchten Unterschlupf zu finden. Der Festplatz war wie leergefegt. Die Großkapellen unterstützten unseren Verein nach Kräften und es ging im Saale Merz weiter. Ein Geschäft war natürlich nicht mehr zu machen und man beschloss auf Peter und Paul nachzufeiern. Der 1. Vorsitzende Ferdinand Ruppel gab noch an folgende Mitglieder Ehrenurkunden über die 25jährige Mitgliedschaft im Musikverein aus:
Anton Gundelach, Alois Gundelach, Karl Becker, Eduard Kreuzer, Karl Kreuzer, Alois Block II, Willi Schnell.
Am 22. Oktober 1950 wird in Oberrode die Musikvereinigung Fulda-Land-West gegründet. Folgende Vereine waren bei der Gründung der Musikvereinigung Fulda-Land-West dabei: Großenlüder, Oberbimbach, Mittelrode, Harmerz, Giesel, Hosenfeld, Müs und Landenhausen.
Unser 1. Vorsitzender Ferdinand Ruppel und unser damaliger Kapellmeister Josef Helmer haben unseren Verein bei der Gründung vertreten.
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